Die Vielfalt und Vielgestalt des Islam
Der Islam und seine Quellen
Der Islam stellt den Koran als seine einzige Basis und Quelle dar.
In Wirklichkeit ist er aus dem Judenchristentum und den altarabischen Kulten hervorgegangen.
Beide Wurzeln sind selbst Mischreligionen mit einer großen Vielfalt an Meinungen, Grundtexten, Erzählungen und Kulten.
Prägend ist die Persönlichkeit Mohammeds als Prediger, Prophet, Anführer und Politiker.
Dennoch habe erst seine Nachfolger den Islam geformt und in feste enge Bahnen gelenkt,
die immer wieder in Frage gestellt wurden und werden.
In seiner Vielfalt hat der Islam viele Weisheiten und Wahrheiten bewahrt und vertieft.
In seiner Radikalität, Strenge und Selbstüberhöhung hat der Islam
unzählige Kulturen zerstört und großes Leid gebracht.
Eine selbstkritische Haltung und ein Bereuen der historischen
und aktuellen Fehler ist im offiziellen Islam kaum zu finden.
Die 5 Grundprinzipien des Islam
Für ein tieferes Verständnis des Islam ist es wichtig folgende 5 Grundprinzipien zu verstehen.
Alle haben für die meisten Glaubensrichtungen normative Bedeutung, wenn auch das Verständnis und die Auslegung der Prinzipien unterschiedlich ist.
- Koran - das gottgegebene Grundbuch als Heilsquelle
- Umma - die religiöse Stammesgemeinschaft
- Scharia - das lückenhafte spätantike Gesetzesnetzwerk
- Kalifat - der Traum von der perfekten prophetischen Regierungsform
- Dschihad - der körperliche Kampf um den rechten Glauben
Weitere Grundbegriffe und Grundstrukturen der islamischen Welt wie die Hadithe, die Rechtsschulen, die 5 Säulen (Glaubensbekenntnis, Gebet, Fasten, Wallfahrt, Almosen), die Verschleierung und Abtrennung der Frauen und weitere lassen sich diesen 5 Grundprinzipien zuordnen.
Bei allen Grundprinzipien und Grundbegriffen findet sich eine lange Vorgeschichte in der altarabischen und antiken Welt. Diese Wurzeln sind für das Verständnis unabdingbar und begründen oft die von Anfang an bestehende Bedeutungsvielfalt und Unklarheit der Grundprinzipien.
Wie bei anderen Religionen auch werden immer neu konkrete reale Auslegungen der Grundbegriffe realisiert, die wie beim islamischen Staat oder den Entwürfen im Iran oder in Afghanistan mehr verschrecken und entsetzen als überzeugen.
Dennoch finden sich in jedem Grundprinzip Ansatzpunkte für eine positive und liebevolle, aber auch kritische und begrenzende Auslegung.
Der Koran ist nicht EINDEUTIG
Auslegungen und Auslegende im Islam
Das Grundproblem der Auslegung wird im Islam sehr wohl gesehen.
Im Begriff des Idschtihad (Bemühung um ein eigenes Urteil) wird unterschieden zwischen der eigenen Urteilsbildung und der Übernahme der Beurteilungen und Ergebnisse anderer oder dem Rückgriff auf Tradition und Überlieferung. Darüber hinaus werden die menschlichen Handlungen in fünf Rechtskategorien (Pflicht, Empfehlung, erlaubt, verworfen, verboten) eingeteilt.
Zur eigenen Urteilsbildung ist nur der entsprechend ausgebildete Mudschtahid (Rechtsgelehrte) befähigt.
Der einfache Gläubige hat sich an die Urteile, Einteilungen und Aussagen dieser Rechtsgelehrten zu halten. Dabei findet er jedoch eine verwirrende Vielfalt von Aussagen und Darstellungen vor, die ihn doch wieder zwingt, persönlich sich ein eigenes Urteil zu bilden und sich einem oder verschiedenen Auslegungen anzuschließen.
Die Ra’y (selbständige Rechtsfindung der Rechtsgelehrten) tritt bei den Traditionalisten in den Hintergrund. Hier spielt die in der altarabischen Kultur verwurzelte Sunna eine große Rolle. Jedoch waren (und sind) nicht alle gesellschaftlichen, medizinischen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Fragen klar und rechtsgültig definiert aus dem Koran, der Sunna und den Hadithen zu klären.
Naturwissenschaften als weitere zumindest zusätzliche Erkenntnisquelle zu etablieren und zu autorisieren ist in der islamischen Rechtswissenschaft heute schwierig. Jedoch gab es ein Zeit im frühen Islam, in der die antiken Wissenschaften und die antike Philosophie großes Ansehen genoss.
Die Mu'tazila pflegten theologisch-rationalistische Streitgespräche. Im Rahmen der Kalam wurden auch Gespräche mit anderen Religionen geführt.
Dass der Einzelne selbst für seine Auslegung und die Auswahl seiner Normen verantwortlich ist und durch die Vernetzung seiner Auslegungen und durch den Austausch mit Gruppen, Wissensquellen, Weltanschauungen, Gesprächspartnern oder den Gesellschaften, in denen er lebt, sich und diese Auslegung weiter entwickelt, das wird meist nicht so gesehen.
Hieraus ergeben sich Spannungen zu Grundansichten des Kolibri-Ethos.
Eine weitere Spannung ist die bei islamischen Gruppen häufig zu findende Einschränkung der Menschenrechte, die für das Kolibri-Ethos universal und unverrückbar gelten. Auch die Rechte von Frauen und von Minderjährigen, besonders das ihre eigene Meinung zu äußern und zu vertreten, dürfen nicht eingeschränkt werden, ebenso nicht die Kinderrechte.
Der Islam und seine Rezeption
ISlaM heißt ShaLoM, Frieden und Gerechtigkeit
(JeruSaLeM, MuSLiM/MoSLEM, Die semitische Wurzel SLM steckt in all diesen Worten!)
Der Koran muss emotional und historisch gelesen werden.
Emotional bedeutet die Emotionen zu erahnen, mit denen und aus denen Mohammed die Koranverse schrieb und verfasste.
Emotional lesen heißt die Gefühle zu verstehen, die die Koranverse in einem selbst und in Menschen verschiedener Herkunft wecken oder verstärken.
Historisch lesen heißt die Verse in den geschichtlich kulturellen Zusammenhang zu stellen und dort stehen zu lassen, aus dem sie stammen.
Soll ein Wort für Menschen verständlich sein, muss es in seiner Sprache und mit seinen kulturellen Vorstellungen, seiner Bildung ausgesprochen werden. Rein göttliches Wort ist daher nicht möglich und wenn, nicht verständlich.
Jedes historisch und kulturell bezogene Wort wird jedoch mit steigendem sprachlich historisch kulturellem Abstand unverständlicher und bedarf der historischen Erläuterung.
Tiefe Texte enthalten nicht nur Gesetze, Regeln oder logische Aussagen. Sie enthalten emotionale, traumvisuelle, symbolische, kulturelle oder archetypische Botschaften. Diese werden aufgrund unserer eigenen Symbole, Träume, Emotionen und Erwartungen individuell umgedeutet.
Der Koran ist eine Zusammenstellung verschiedener Situationskonzentrate.
Worte hatten in bestimmten Situationen tiefe emotional-geistige Wirkungen und wurden daher festgehalten und überliefert.
Aus bestimmten Situationen heraus entstanden emotional-geistige Wortausbrüche des Propheten, die ohne diese Situation verallgemeinert, global auslegbar erscheinen und dann leicht umdeutbar in andere Situationen übertragen werden. Dabei gehen die ursprünglichen Aussagen jedoch völlig verloren.
Dialog heißt für die Europäer die kulturell-emotionale Bilderwelt des Korans zu verstehen. Ein Gefühl für das Sprachdenken und Fühlen der Islamischen Welten zu entwickeln und nicht bei verkürzten Pauschalurteilen stehen zu bleiben.
Dialog heißt für die islamische Welt eigene Fehldeutungen abzulegen und die damalige Welt anderen Kulturen verständlicher zu machen.
Jede Religion muss ihre eigene Pluralität erkennen und leben.
Daher gibt es kein einfaches Wissen, was in einer bestimmten Situation zu tun ist. Niemand nimmt uns das Denken und die Verantwortung für unser Handeln ab. Wir müssen spirituell laufen lernen und mit blauen Flecken wieder aufstehen und weiterlaufen!
Es geht nicht, die Aussagen der Propheten direkt in genaue Handlungsanweisungen zu übertragen. Aber ihr Kampf um das rechte hilfreiche Wort in einer schwierigen Situation, der kann uns motivieren und Vorbild sein.
Ihr tiefes Bewusstsein, das da eine große starke Kraft ist, die uns hilft "Rechtleitung" zu verwirklichen.
Jeder Vers muss historisch emotional ernst genommen werden als Kommunikationswunsch des Mannes, der ihn aussprach.
Einen Vers seines Autors und seiner Bestimmungssituation zu entkleiden heißt diesen Vers töten.
Wer dann seine eigene Interpretation hineinlegt und dies dann Allahs Wille nennt, der missbraucht Allah und missachtet den Wunsch des Propheten konkret zu helfen, konkret zu klären, konkret zu führen.
Er stellt sich nicht der Aufgabe die Situation heute zu erkennen und heute hilfreiches zu sagen..
In dem Moment, in dem Mohammed Abraham, Moses, David, Salomo, die Propheten und Jesus religiös akzeptiert und zu integrieren versucht, in dem Moment nimmt er die religiös Pluralität und Vielfalt der Juden und Christen, ja der semitisch - griechischen Welt auf. Die Pluralität die Multireligiösität des Islam beginnt.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schalom_(Hebräisch)
https://de.wikipedia.org/wiki/Sal%C4%81m
https://de.wikipedia.org/wiki/Sal%C4%81m#Sal%C4%81m_und_Islam
https://de.wikipedia.org/wiki/Mu%27min
https://de.wikipedia.org/wiki/Muslim
Prozess und Begriff - Sein und Leben – Wort und Aktion
Im griechisch-römischen Denken liegt der Schwerpunkt stärker auf den Begriffen, auf dem Erforschen des Wesens der Dinge und des Seins an sich.
Im Mittelpunkt standen Definitionen, Kausalketten oder im religiösen Raum Dogmen, Konzilsentscheidungen und Bekenntnisse, die juristisch ausgelegt wurden.
Im semitisch-arabischen Raum stehen und standen mehr die Vorgänge, das lebendige Leben im Mittelpunkt. In bunten Erzählungen und vielfältigen Geschichten wird es geschildert.
Dabei erhöhte die Spannung zwischen nomadisch-asketischem Leben des Wüstenlebens und dem sesshaften Leben in den fruchtbaren Flussebenen die Vielfalt der Lebenserfahrungen.
Religiöse Regeln wurden in Erzählungen verpackt, die deutlich machen, wie sehr die Situation zu berücksichtigen ist.
Beide Ansätze, der griechisch-römische und der semitisch-arabische, sind wichtig. Das Kolibri-Ethos möchte dazu beitragen beide zu verbinden und auch weitere Ansätze und Erkenntnisse aus dem indisch-asiatischem, dem afrikanischen, australischen oder amerikanischen Raum zu integrieren.