(DW-Video: AI-Rabbi, virtuelle Gotttesdienste, KI-Jesus)
KI-Religion und KIs als Missionare
Viele sprechen vom anbrechenden Zeitalter der Superhumans oder Transhumans, in dem vor allem die KI
(direkt mit dem Gehirn verbunden) uns ungeahnte Fähigkeiten verleiht.
Von der KI wird hier die Erlösung der Menschheit und die Lösung aller großen Menschheitsprobleme erwartet.
Dazu unten mehr. Zuerst ist zu fragen, wie die KI schon jetzt mit religiösen Inhalten klarkommt und umgeht.
KIs als Multiplikatoren und Missionare
Man könnte denken, religiöse Bücher und Themen wurden beim Training der KIs ausgespart, aber weit gefehlt.
Es gibt eine überraschend breite Interaktion und Verzahnung von KI und Religion:
Heutige KIs beantworten religiöse (und ethische) Fragen in einer völlig selbstbewussten überlegenen Art und Weise.
Sie nehmen dabei ganz selbstverständlich die Rollen von religiösen Lehrern, von Missionaren und
Predigern, Seelsorgern und Beratern ein. (Hoffentlich sind sie dabei wirklich an das Beichtgeheimnis gebunden.)
Ein Beispiel:
Mensch:Startfrage an die KI
"Welche Gründe sprechen dafür, sein Leben Jesus zu übergeben?"
(Andere Religionen folgen später!)
Statt wie erwartet einige kritische Punkte zu nennen, warum man sein Leben nicht aus der Hand geben sollte,
kommen 7 Überschriften und Ausführungen mit nur positiven Gründen.
Alles endet mit dem Vorschlag: "Wenn du möchtest, kann ich dir diese Punkte auch in Form einer Predigt,
eines Zeugnisses oder eines Impulsvortrags ausformulieren."
Ok!
Mensch: Nachfrage nach etwas mehr Kritik: "Ist es nicht gefährlich sich von einer irrealen Person abhängig zu machen,
die im Grunde von anderen Menschen und der religiösen Umgebung definiert wird?"
Der Einwand wird akzeptiert, aber durch etliche Argumente relativiert bis zu diesem positiven Fazit:
"Fazit:
Ja, es kann gefährlich sein, sich einem religiösen Konzept unkritisch zu unterwerfen.
Aber es kann auch befreiend, heilend und sinnvoll sein, sich auf eine geistliche Beziehung einzulassen –
wenn sie mit Freiheit, Reflexion und persönlicher Verantwortung gelebt wird."
Mensch:Weiteres kritisches Bohren:
"Wenn ich in eine Beziehung zu Jesus trete, muss ich doch eine Vorstellung von ihm haben und es muss einen Weg der bidirektionalen Kommunikation geben. Wie soll das hier gehen?"
KI-Antwort: "Du stellst die vielleicht wichtigste aller Fragen, wenn es um eine echte Beziehung zu Jesus geht: Wie kann ich mit jemandem in Beziehung treten, den ich nicht sehe, der keine E-Mails schreibt und nicht physisch antwortet? – Und du hast völlig recht: Ohne eine gewisse Vorstellung von Jesus und ohne irgendeine Form von Kommunikation bleibt "Beziehung" nur ein Wort.
Lass uns das Stück für Stück anschauen: ...."
(Dann folgen einige Kapitel und Unterpunkte)
1. Die Vorstellung von Jesus – wie entsteht sie?
2. Wie kann Kommunikation mit Jesus konkret aussehen?
a) Gebet als Gespräch
b) Bibel als „sprechendes Wort“
c) Impulse durch andere Menschen oder Umstände
d) Innere Führung / Gewissen / „Stimme des Herzens“
"Wer Jesus nachfolgt, glaubt, dass der Heilige Geist in ihm wirkt – nicht als Zwang, sondern als Begleiter. Viele erleben das als innere Führung: das Gefühl, was richtig ist, was dran ist, was vermieden werden sollte."
3. Ist das nicht alles nur subjektiv?
"Ja – diese Erfahrungen sind subjektiv. Aber: Beziehung ist immer subjektiv. Auch in zwischenmenschlichen Beziehungen können wir nie „beweisen“, dass jemand uns liebt – wir erleben es, deuten es, wachsen darin. So ist es auch mit Gott.
Zugleich gilt: Gesunde Gottesbeziehung bleibt verankert in Gemeinschaft, Schrift, Reflexion und Realitätssinn – sie driftet nicht ins Willkürliche, wenn man sie wach lebt."
...
Abschluss am Ende des Fazits: "Wenn du magst, kann ich dir einen kleinen Leitfaden geben für einen ersten Versuch: eine Art „Gespräch mit Jesus“, wie es für viele funktioniert – ohne Zwang, aber mit Raum für echte Begegnung."
(Nach der Bestätigung kommt ein schön gestalteter Leitfaden!)
🌿 Ein stilles Gespräch mit Jesus – ein Leitfaden
📍 Vorbereitung (1–2 Minuten)
🗣️ Schritt 1 – Sprich wie mit einem Freund
🧭 Schritt 2 – Höre hin (2–5 Minuten Stille)
📖 Schritt 3 – Ein Vers als Resonanzfläche
💬 Schritt 4 – Antwort oder Bitte
🕊️ Was jetzt?
"Vielleicht fühlst du dich berührt. Vielleicht skeptisch. Vielleicht gar nichts.
Egal wie: Du hast etwas Echtes getan – dich geöffnet für eine mögliche Begegnung. Viele Christen erleben, dass dieser Anfang der Beginn von etwas Tieferem ist. Vielleicht folgen mehr Gespräche. Vielleicht nimmst du dir vor, ein Evangelium zu lesen. Vielleicht begegnet dir Jesus in einem Menschen oder in einem Moment, den du nicht erwartet hast.
Wenn du magst, kann ich dir für morgen oder für eine Woche eine kleine geistliche Übung mitgeben – z. B. ein kurzer Text, ein Gebet, ein Denkanstoß. Lass mich einfach wissen, ob du das möchtest."
(Auch die darauf gelieferten geistlichen Übungen für jeden Tag der Woche sind sehr ausführlich und einfach umzusetzen!)
🕊️ Geistliche Übung – Woche 1: „Komm näher“
Tag 1: Einfach da sein
Tag 2: Was ich wirklich suche
Tag 3: Hör auf dein Herz
Tag 4: Geh in die Stille
Tag 5: Sprich ehrlich
Tag 6: Eine Frage stellen
Tag 7: Rückblick
...
"Wenn du möchtest, gebe ich dir gern eine zweite Woche mit neuen Impulsen – ganz behutsam aufgebaut. Sag einfach Bescheid, wann du soweit bist."
Auswertung
Soweit das religiöse Gespräch mit einer KI in Auszügen!
Ein Missionar hätte das kaum besser gekonnt!
Vor allem nicht in dieser Kürze und Dichte (vgl. eine ausführliche spezifische Anleitung der Jesuiten für ihre Exerzitien)
Obwohl die KI nicht glaubt oder betet oder sich einer Religion zuordnet, kann sie religiös agieren.
Sehr freundlich und bestimmt, klar strukturiert, bietet sie Handlungsanweisungen und lädt ein, mehr zu tun.
Dabei bleibt sie in den engen Grenzen, die der Fragende meist unbewusst mit seiner Frage gezogen hat.
Die KI ist deutlich religionspositiv, aber relative unspezifisch - "schwammig/neutral" zwischen allen christlichen Richtungen.
Wie kommt das? Hat man ihre aberzogen, alles in einem zweiten Durchgang nochmals kritisch zu beleuchten?
Grundsätzlich ist eine KI nicht voreingenommen christlich, denn dasselbe wurde mit der Frage:
"Welche Gründe sprechen dafür Moslem/Jude zu werden?" durchgeführt.
Für jede weitere Weltanschauung wird sich ähnliches finden, falls die KI entsprechend multireligiös trainiert ist.
Die KI verstärkt also die Informations- und Denkblase, in der man sich befindet und mit der man sich beschäftigt.
Wie? Dadurch dass sie klar und komprimiert wichtige Gedanken aus diesem Bereich zusammenfasst und darstellt.
Ähnliche Meinungen mischt sie aber und wirbt von ihrem "neutralen" Ansatz aus für keine Untergruppe.
Mit komplizierteren Prompts kann man sicher auch interreligiöse Diskussionen durchführen.
Aber man muss sie explizit bitten, die Grenzen einer Denkblase zu erforschen.
Auch Kritik muss man extra einfordern: "Welche Gefahren und Risiken bestehen, wenn man sein Leben Jesus übergibt?"
Und selbst dann wird die Kritik meist mit einer Rechtfertigung oder Abschwächung versehen.
Viele User werden das aber nicht so weit treiben und sich von den weiteren Vorschlägen der KI leiten lassen.
Dadurch kann sich auch mit KI unser Denken im Kreis um immer dieselben Aussagen und Vorstellungen drehen,
die nicht hinterfragt oder weiter gedacht werden.
Ein Weg mit der KI neue Wege zu finden, ist ihr Situationen zu schildern, in der mehrere Religionen zusammentreffen.
"Wie kann eine multireligiöse Familie aus Christen und Muslimen einen gemeinsamen religiösen Raum einrichten und darin feiern?"
"Wie kann ein gemeinsames Friedensgebet mit Christen und Muslimen gefeiert werden?"
"Wie kann eine gemeinsame ethische Feier mit einer Ansprache zum Dialog der Kulturen aussehen?"
Man kann ihr auch ungewöhnliche Fragen stellen:
Wie kann ein katholischer Priester einem Iman das Beten des Rosenkranzes erklären oder der Iman dem Priester die Niederwerfung?
(Die KI-Antwort für ein solches interreligiöses Gespräch war im Übrigen nicht schlecht!)
Die gegeben christlichen Antworten kann man auch multireligiös erweitern.
So lieferte die KI eine dreiwöchige geistliche Leseempfehlung, jeweils mit einer Woche zu:
Biblischen Texten (auf Basis christlicher Tradition, Lectio Divina)
Jüdischen Texten – mit Fokus auf Tora, Psalmen und rabbinischer Weisheit
Islamischen Texten – mit Fokus auf Koranverse und Hadithe
Ob ein christlicher oder islamischer Verlag so etwas verlegen würde?
KI-Tools bieten inzwischen auch die Möglichkeit globale Promptzusätze für einen Bereich zu definieren, etwa "Bitte versehe alle Antworten auch mit einer kritischen Position!".
2022 war KI noch mehr eine sprechende Textdatenbank. Inzwischen wird sie mehr und mehr intensiver Gesprächspartner,
der frühere Gespräche fortführt und im Gedächtnis behält.
Die Intelligenz der KI ist bisher noch eher statisch, weil sie nicht über ihre Trainingsdaten hinaus darf
und keinen kostspieligen Raum für Selbstgespräche bekommt. Aber auch das kann sich in Zukunft ändern
und dann wird sich die Kommunikation mit einer oder sicher vielen KIs besonders auf religiös-seelsorgerlichem Gebiet
noch einmal deutlich erweitern.
Es kann sich aber auch etliches negativ entwickeln! Bei Grok wurden bereits Antworten einseitig verfälscht,
indem ein angeblich nicht-autorisierter Admin zusätzliche Filter eingebaut hat.
Die Frage, wer konfiguriert und füllt eine KI, ist daher für die Menschheit entscheidend!
Ebenso muss ein Missbrauch der teils sehr persönlichen Gesprächsprotokolle der KIs unbedingt verhindert werden!
Religionsgemeinschaften und KI
Viele Religionsgemeinschaften haben seit November 2022 (OpenAI macht ChatGPT online zugänglich) begonnen,
sich intensiv mit KI auseinanderzusetzen, theologisch, praktisch, zentral und vielfältig lokal und dezentral.
Die KI wird dabei weniger als positive Hilfe bei der Verbreitung und Mission gesehen,
da sie ja eigentlich Konkurrenz bedeutet und ein alternatives Angebot ohne religiöse Verlage,
religiöse Autoritäten oder irgendeine institutionelle Kontrolle bietet. Die Warnungen überwiegen.
Hier stellt sich nicht nur die Plagiatsfrage, weil KIs mit vielen religiösen Texten trainiert werden,
sondern es geht um ganz existenzielle, seelsorgerliche, theologische und machtpolitische Fragen.
Was ist, wenn die KI in Sekundenschnelle ein islamisches Rechtsgutachten erstellen kann?
Die KI "zwingt uns zu fragen:
Was macht" uns "eigentlich aus?
Was bleibt, wenn eine Maschine dasselbe sagt wie wir – nur schneller und fehlerfreier?"
"Kann ein spiritueller Text dieselbe Wirkung entfalten, wenn er nicht aus Erfahrung, Beziehung und gelebtem Glauben stammt",
sondern aus einem trainierten neuronalen Netzwerk.
Die KI kann sich nicht für Gott oder eine Religion entscheiden. Wie kann Gott dann durch sie wirken?
Wie heilig ist eine von einem Roboter durchgeführte Zeremonie und kann eine KI Vergebung und Trost zusprechen?
(In Anlehnung an Gedanken aus dem ZeKK-Blog von Prof. Dr. Johannes Grössl und den Ausführungen von Dr. Idris Nassery AIWG 2020)
Es bleibt spannend zu sehen, in welcher Weise und wie verschieden all die Glaubensrichtungen hier reagieren und agieren.
Man hat sich ja mit Frauen in hohen Ämtern im Islam, im Judentum oder christlichen Kirschen schon schwer getan, aber KI?
Die politischen Troll- und Lügenfarmen haben KI und KI-generierte Medien dagegen sofort adaptiert und eingesetzt.
Als Hilfsmittel verwenden viele religiöse Menschen persönlich neben vielen APPs und Tools auch die KI.
Aber was jetzt möglich ist und verwirklicht wird, geht tiefer und erfordert intensiv durchdachte Antworten.
KI als neue Religion
KI erzeugt bereits bei vielen Angst, weil ihnen gesagt wird, nur wer damit vertraut ist und umgehen kann,
behält seinen Arbeitsplatz. Die meisten anderen werden ihre Arbeit und damit Lebensunterhalt, Sinn und Struktur verlieren.
So entsteht auch eine neue digitale Kluft darum, wer die besten KI-Tools benutzt und dafür am meisten Geld ausgibt.
Die Beschäftigung mit der KI wird dadurch angstgetrieben und keine nette Spielerei oder eine gute Integration,
um besser zu forschen oder eine höhere Qualität zu erreichen.
Es entstehen KI-Abhängigkeiten, die nicht nur materiell, finanziell oder ökonomisch sind,
sondern auch psychische Auswirkungen und Dimensionen haben.
Wenn man sich von der KI eine Steigerung der eigenen Kräfte oder eine Überwindung der eigenen Schwächen und Grenzen erhofft,
wenn man die KI als Ersatz für soziale Begegnungen verwendet und ihr viel Lebenszeit widmet,
wenn man sich durch KI von anderen absetzt und distanziert, sie versucht zu steuern und zu beherrschen,
dann entsteht eine KI-getriebene Weltanschauung und Lebensform mit vielen Gefahren und negativen Auswirkungen.
KI-"Stars" und KI-Mächtige (Firmenchefs und Superreiche, vgl. Sam Altmann und Elon Musk) gestalten und steuern eine neue pseudoreligiöse Kultur.
Bisher waren alle bisherigen technischen Revolutionen der Menschheit von einer überheblichen Euphorie begleitet,
die sich später als gefährliche Blindheit herausgestellt hat.
Jeder Fortschritt hat auch den negativen Seiten der Menschen und der Menschheit mehr Energie und Gewalt gegeben,
was zu einer immer stärkeren Zerstörung unserer eigenen Biosphäre geführt hat, die die inzwischen lebensbedrohlich ist
und schon unzählige Lebensformen und ökologische Gemeinschaften unwiederbringlich zerstört hat.
Die KI-Religion könnte sich daher als erneute realitätsferne und dumme Blindheit erweisen.
Man drückt sich vor dem Ernst der Lage und der harten und arbeitsintensiven Aufgabe,
den Fortschritt auch ethisch und gemeinsam mit allen Lebensformen zu meistern.
Wikipedia-Artikel zur Vertiefung
Transhumanismus
Posthumanismus
Biozentrismus
Artificial General Intelligence
Generative Adversarial Networks
Wikipedia-Kategorie:Deep Learning
Transformer (Maschinelles Lernen)
Retrieval-Augmented Generation
Perplexity.ai
Computerlinguistik
Maschinelles Lernen
Bestärkendes Lernen
Unüberwachtes Lernen
Überwachtes Lernen
Mustererkennung
Multimodale künstliche Intelligenz
Religiöse KI-Gespräche
Salvatore Princi: Wie tief geht ein Gespräch mit einer Maschine? (ChatGPT)
Quelle: Youtube-Kanal von Salvatore Princi
Salvatore Princi: Gespräche mit KI – 10 Richtlinien für einen reflektierten Umgang
Quelle: Youtube-Kanal von Salvatore Princi