Christentum und Islam
Der göttliche Christus und der göttliche Koran
Der Islam vermeidet die ganzen theologischen Probleme, wenn Gott Mensch wird
und daher unsterbliches sterblich, unendliches endlich, allmächtiges ohnmächtig, ....
Er vermeidet es, Gott sterben zu lassen und dies als Opfer für „alle“ Sünden zu sehen,
das irgendwie ansonsten "notwendige" Strafen "Gottes" übernimmt.
Er vermeidet die Forderung einer Dreieinigkeit,
die ein vermeintliches Wissen über die Transzendenz impliziert.
In ähnlicher Weise jedoch läuft der Islam in vergleichbare Probleme,
indem statt eines Mensch gewordenen Gottessohns jetzt
ein menschliche-Sprache-gewordenes göttliches Buch postuliert wird,
das dennoch ganz menschliche entstanden, in einer menschlichen zeitgebundenen Sprache geschrieben ist,
das zuerst mündlich tradiert und dann in einem komplexen Prozess kanonisiert wurde.
Das Buch wurde in einem geschichtlichen und sprachlichen Kontext geschrieben,
muss aber über-zeitlich göttlich sein.
Es ist fixiert und unveränderlich, während sich Sprache, geschichtlicher Kontext ändern
und es damit unlesbar und unverständlich wird, wenn einem späteren Leser dieser Kontext fehlt.
Zusätzliche Probleme entstehen, weil der Koran in eine Reihe gestellt wird mit den früheren göttlichen "Offenbarungen",
die auch den Schriften der Juden und Christen zugrunde liegen.
Deren Schriften beschreiben und interpretieren dieselben Personen und Ereignisse jedoch sehr verschieden.
Dadurch sprechen sich beide Religionen schnell ihre Schriftwahrheit ab.
Insgesamt verschärft sich gerade im Islam das Grundproblem der Auslegung eines menschlich-göttlichen Textes
ins Hier und Jetzt, in mein Herz und mein Handeln.
Ein einfacher Mensch ist zu diesem Auslegen aus eigener Kraft und Bildung kaum in der Lage.
Es entstehen religiöse Hierarchien und Abhängigkeiten.
Sie wurden geschichtlich nach einer kurzen Zeit des Vernunftislams etabliert und kanonisiert.
Im durch Paulus entjudaisierten Christentum hat sich das persönliche Gebet zum allgegenwärtigen Auferstandenen,
zum menschlichen, da Mensch gewordenen Gott als Zentrum herausgebildet.
Seine Gegenwart ist nicht sichtbar, anfassbar wie das Buch des Korans. Sie wird geglaubt.
Neben diesen existentiellen persönlichen Glauben und die Kommunikation im Gebet stellte sich
die anfangs allegorische, dann immer komplexer sich entfaltende Auslegung
der um christliche Texte ergänzten jüdischen Schriften.
Trotz des teilweise propagierten Priestertums aller Gläubiger dominieren hier ausgebildete Spezialisten und deren Schriften.
Es entstand wie im Islam und im Judentum eine Textver- oder Textbearbeitungskultur.
Im Islam hat der Text des Korans bereits Heilskraft und wird durch Auswendiglernen verehrt und verinnerlicht.
Die inhaltliche Auslegung hat sich jedoch ebenfalls auf spezialisierte Prediger und Rechtsschulen verschoben.
Riten und Kulte, besonders die Gebetspraxis der täglich fünfmaligen Niederwerfung zu festen Gebetszeiten,
oft in Gemeinschaft, oder die einmonatige Fastenzeit, sind im Islam zentral und verbindlich,
während in den Kirchen die früher reiche Tradition verarmt.
So wie es bei Johannes heißt:
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.
(Das Wort, der göttliche Logos ward Mensch!)
Und Paulus erweitert zum Ergebnis, dass die Kirche der Leib Christi ist.
So ist im Islam das göttliche Wort, der Logos herabgesandt
und menschliches Wort, hörbare Verkündigung geworden.
Das Ergebnis ist der Koran und einige behauptet analog,
dass dieser Koran wesensgleich mit dem göttlichen Logos ist
und daher dieser göttliche Logos Arabisch sprechen muss.
Doch unsere Menschenwelt ist nun mal sehr wenig göttlich.
Daher passt da weder ein göttlicher Gesalbter, noch ein göttliches Buch hinein.
Wer nun Jesus einfach nur Mensch sein lassen will, wird exkommuniziert
und wer den Koran einfach nur Buch sein lassen will, mit einer Todesfatwa belegt.
Es gibt keinen Rückweg.
Und die Juden?
Hier steht auch der heilige Text im Zentrum, wird feierlich aus dem Thoraschrank geholt, entrollt und gelesen.
Doch im Mittelpunkt steht das Lesen, Verstehen und Umsetzen.
Der Text ist göttliche Gabe und Aufgabe, aber nicht Gott selbst,
bleibt menschliches Wort in der Sprache der Vorväter.
Das Judentum ist Ritus, Kultur und Unterricht,
ist diesseitige Alltagsreligion und innige Geschichtsvergegenwärtigung.
Das Allerheilige bleibt fern im untergegangenem Tempel, ferne Erinnerung.
G’tt bleibt jenseitig ohne diesseitige Bilder oder Vertreter.
Während Islam und Christentum viele Auslegungen zu verbindlichen Bekenntnissen und Dogmen
oder Fatwas verdichten und nur diese gelten lassen, ist das Judentum NICHT dogmatisch,
lässt mehrere Meinungen nebeneinander stehen und gelten.
Oh wären wir doch alle dort geblieben oder könnten zu diesen Freiheiten zurückkehren!
Die Beziehungs- und Verständnisprobleme zwischen Christentum und Islam
Machtansprüche, Dualismen und religiöser Hochmut
Das Recht auf Religionsfreiheit ist unteilbar und kann nicht allein
von einer bestimmten Gruppe unter Ausschluss anderer in Anspruch genommen werden.
Sollte eigentlich kein Problem sein, den andern grundsätzlich anders sein zu lassen.
Sieht man sich jedoch allein als religiös im Recht oder in der Wahrheit oder in der Nähe Gottes,
dann sieht man automatisch alle anderen als vom Bösen beherrscht,
auf einem traurigen, gefährlichen Irrweg oder sogar als extreme Bedrohung für alle.
Die Zeichen stehen dann schnell und immer neu auf Konflikt und Krieg.
Christum und Islam haben dazu noch einen universalen weltweiten Anspruch.
Vision vieler ihrer Mitglieder und Gruppen ist der vollständige "Sieg" der eigenen Religion.
(Bei gemäßigten Gruppen oft nur in die Zukunft verschoben.)
Die unausweichlichen Probleme können nur dann gelöst werden,
wenn beide diese Ansprüche aufgeben und alle extremen Richtungen
innerhalb ihrer Gemeinschaften kontrollieren und in Zaum halten.
Für solches Vorgehen gegen extreme Gruppen gibt es viele Beispiele,
etwa die Fatwa gegen den Islamischen Staat.
Durch den Islamischen Staat und seine Verbrechen (Völkermord, Enthauptungen,
Zerstörung von Kulturgütern, Versklavung von Frauen, ...) wurde das Ansehen des Islam weltweit extrem beschädigt.
Leider kennt kaum jemand diese Fatwa und daher ist dieser Schaden kaum behoben und es greift eine massive Angst
und Voreingenommenheit gegen Muslime seitdem um sich.
Gegen die Koranverbrennungen haben in den Kirchen und christlichen Bewegungen viele ihre Stimme erhoben.
Doch auch hier ist das in der breiten islamischen Öffentlichkeit kaum angekommen.
Es blieb und bleibt die Vorstellung, dass Christen das Heiligste der Moslems ungestraft schänden können.
Findet eine grundsätzliche Abkehr von universalistischen Positionen nicht statt,
ist nur lokal und zeitlich begrenzt ein Religionsfriede mit viel Mühe möglich,
oft leider nur zwischen gemäßigten Teilgruppen.
Da kleine radikale Gruppen einer Gesellschaft enorme Probleme bereiten können
und gerade diese Gruppen die Rechte und Möglichkeiten einer offenen Gesellschaft
ausnutzen, ändert es wenig, wenn die Mehrheitsgesellschaft areligiös oder gemäßigt ist
oder einer ganz anderen Religion angehört.
Bildung, Gespräche, Vereinbarungen, Kontrollen sind hier nötig
und auch Verbote radikaler Gruppen und Aussagen,
besonders von Aussagen, die die Grundrechte negieren.
Auch Handlungen wie Koranverbrennungen, Bücherverbrennungen oder Fatwen gegen legitime Meinungsäußerungen
müssen bestraft werden, um Radikalen Einhalt zu gebieten.
Geheimorganisationen dürfen sich nicht ausbreiten.
Radikale Gruppen dürfen keine Medien- und Bildungsmacht bekommen.
Die Konformität der Satzungen, Ordnungen, Grundaussagen und Strukturen religiöser Vereine
und Vereinigungen mit dem Grundgesetz ist von jeder religiösen Gruppe darzulegen
Grundrechtsverletzungen
Es kann nicht sein, dass religiöse Gemeinschaften sich als Staat im Staat
oder als eigenständiger Rechtsraum sehen, in dem Grundrechte ihre Gültigkeit verlieren.
Es darf nicht sein, dass begründet mithilfe von autoritär-religiösen Auslegungen "göttlicher"
Texte und Ordnungen einzelnen Menschen ihre Grundrechte verweigert werden oder das Gesetz gebrochen wird.
Um davor zu schützen, muss es von jedem erreichbare neutrale Ansprechpartner und Kontaktstellen geben,
an die sich jedes Mitglied wenden kann und worüber jedes Mitglied einer religiösen Gruppe zu informieren ist.
Dialogmöglichkeiten und Wege
(Siehe Wikipedia: Christlich-Islamischer Dialog)
Mohammed selbst hatte möglicherweise einen judenchristlichen Hintergrund und daher beginnt der Dialog oder abrahamitische Trialog,
aber auch die Kontroverse zwischen Muslime und Christen bei Mohammed selbst und den Juden.
Mögliche Brücken sind die gemeinsame Basis im Judentum, die gemeinsame Betonung,
dass Gott den Weg zu den Menschen geht (In Christus oder im Koran kommt die göttliche Welt zu den Menschen.)
und die Anerkennung früherer Offenbarungen und Propheten durch den Koran (wenn auch leider sehr modifiziert).
Wichtig ist die Bildung und das Wissen über die andere noch fremde Religion.
Hier sind Begegnungen und gemeinsame Feiern unerlässlich.
Selbstkritik und kritische Bildung auch und gerade zur eigenen Religion begrenzen radikale Strömungen.
Liste der wichtigsten Streitpunkte
Für folgende Streitpunkte oder Bereiche mit hohem Konfliktpotential,
müssen Lösungen und Stellungnahmen von den einzelnen religiösen Richtungen erstellt werden:
Mission, Wahrheitsanspruch,
Verhältnis von Politik und Religion, Staat und Kirche,
Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Diversität,
gemischte Ehen von Muslimen und Christen,
Umgang mit eigenen Sonder- und Splittergruppen
Einhaltung von allgemeinen Gesetzen bei Themen
wie Kleiderzwang, Schächten, Beschneidung, Zwangsheirat, Polygamie
Riten, Kleiderordnungen und kulturelle Dinge sollte eigentlich kein Problem sein
und dürfen nicht zu unsinnigen Konflikten und Vorwürfen führen.
In vielen dieser Bereiche kann es nur Verständnis und Teillösungen geben.
Beide Religionen entwickeln und verändern sich gerade auch in diesen Bereichen
und weisen eine große Meinungsvielfalt auf.
Er wäre ein großer Schritt, wenn es auf beiden Seiten theologische Erklärungen gäbe,
die das Verhältnis Moslems-Christen neu bestimmen, Konflikte beenden,
von den lokalen Gruppen (Moscheevereine) ratifiziert sind, jedem Mitglied bekannt und zugänglich sind
und mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden.
Als Vorlage für solche Erklärungen seien hier die Erklärungen verschiedener evangelischer
und baptistischer Kirchen in Deutschland angeführt, mit denen das Verhältnis zum Judentum neu bestimmt wurde.
Erklärung der bayrischen evangelischen Landeskirche zum Verhältnis von Christen und Juden 1998
Erklärung der Baptisten in Deutschland zum Verhältnis von Christen und Juden 1997
Rückblick auf die Erklärung der evangelischen Landeskirche im Rheinland zum Verhältnis von Christen und Juden
20 Jahre Erklärung zum Verhältnis von Christen und Juden 2018
25 Jahre Erklärung zum Verhältnis von Christen und Juden 2023
29_11_2023 Solidarität mit Israel ELKB
Meilensteine des christlich-jüdischen Dialogs
Erste Dokumente, Konferenzen und Initiativen für eine Neubestimmung der Beziehungen von Christen und Moslems sind:
evangelische Kirche Hessen: Verhältnisbestimmung Christentum-Islam 2022
evangelische Kirche Baden 2018: Gesprächspapier Christen-Muslime 2022
Bundestagspapier 2006: Werte im Christentum und im Islam
humanrights.ch: Christen im Islam
Evangelische Zentrale für Weltanschauungsfragen: Christen und Muslime 1993
Christentum und Islam in Deutschland Analyse (Leseprobe 2015)
Islamkritik
Daraus dieses Zitat ( Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi 2017): " Er fordert, Muslime müssten eingestehen, dass sie eine Sinnkrise haben, die aus aktuellen Problemen wie Gewalt in den Familien, Gewalt im Namen des Islams, der Frage zum Tragen eines Kopftuchs etc. herrühre und dass diese Probleme für die nächste Generation gelöst werden müssten. Dazu brauche es den Mut, sich selbst infrage zu stellen."
Historische Dokumente zur Auseinandersetzung Christentum-Islam